Ein gestriges Urteil des Bundesgerichtshofes entpuppt sich als bittere Pille für hunderttausende Sparer. Demnach dürfen Bausparkassen Altkunden mit hochverzinsten Verträgen kündigen, wenn die Zuteilungsreife der Verträge länger als zehn Jahre zurückliegt. Viele Sparer hatten ihre Bausparverträge nicht genutzt, um ein Haus zu bauen oder zu kaufen, sondern als eine Art gut verzinstes Sparbuch.
Eine lang erwartete Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) dürfte für viele Bausparer eine große Enttäuschung sein. Demnach ist es Bausparkassen erlaubt ihre Kunden vor die Tür zu setzen, wenn die Verträge seit zehn oder mehr Jahren zuteilungsreif sind. „Zuteilungsreif“ bedeutet, dass die Kunden die vereinbarte Summe angespart haben, die dazu berechtigt, sich das Sparguthaben auszahlen zu lassen und ein Darlehen laut Vertrag in Anspruch zu nehmen (Az. XI ZR 185/16 u.a.).
Gut verzinste Altverträge von Urteil betroffen
Betroffen sind von diesem Urteil vor allem Sparer, die ihren Vertrag bereits Ende der 90er Jahre abgeschlossen hatten und als hochverzinste Sparanlage weiterführen wollten. Denn diese profitierten davon, dass die Bausparkassen ihren Kunden damals weit höhere Zinsen garantierten, als dies im aktuellen Niedrigzins-Marktumfeld möglich wäre. Fünf Prozent Habenzinsen wurden so manchem Sparer mit Altvertrag garantiert. Und so führten die Sparer ihren Bauspar-Vertrag einfach weiter, um auch zukünftig von den hohen Zinsen zu profitieren.
Diese Praxis war wiederum den Bausparkassen ein Dorn im Auge. Denn sie selbst haben mittlerweile Probleme, die hohen Zinsen für ihre Altkunden am Kapitalmarkt zu erwirtschaften. Die hohen Zinsversprechen von früher belasten nun die Bilanzen und gehen auch zu Lasten des Bausparkollektivs. Also haben die Bausparkassen hunderttausende Kunden vor die Tür gesetzt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sollen mehr als 250.000 Personen betroffen sein.
Der Senat begründete sein Urteil damit, dass das Ansparen dazu gedacht sei, Anspruch auf ein Darlehen zu erlangen. Dieser Zweck sei mit der Zuteilungsreife erreicht. Zudem berief sich der BGH auf Paragraph 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser erlaubt es Darlehensnehmern, ein Darlehen nach sechs Monaten unter bestimmten Voraussetzungen zu kündigen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Der Bundesgerichtshof hat Bausparkassen derart bewertet, als würden sie sich Geld von ihren Kunden leihen.
Neue Geldanlagen gesucht
Der Richterspruch segnet nun sämtliche Kündigungen ab, die oben genannte Kriterien erfüllen und bereits von Bausparkassen ausgesprochen worden sind. Für viele Bausparer ist das ein Schock. Und sie stehen vor der Herausforderung, dass sie ihr ausgezahltes Geld nun neu anlegen müssen – oft hohe Summen. Im derzeitigen Niedrigzins ist das alles andere als einfach. Hier gilt es, nicht überstürzt zu handeln, sondern sich gut und umfassend über Anlageoptionen zu informieren: Im Zweifel unter Zuhilfenahme eines Anlageexperten.
Erhalten Bauspar-Kunden nun eine Kündigung ihres Anbieters, sollten sie sich zunächst beraten lassen, ob tatsächlich alle Voraussetzungen erfüllt sind, etwa durch einen Fachanwalt. Bei einigen Fall-Konstellationen kann es sinnvoll sein Widerspruch einzulegen. Darüber hinaus können auch Ombudsmänner der Bausparkassen eingeschaltet werden: Die schlichten kostenlos, die Bauspar-Anbieter müssen sich an das Urteil halten.