Ein Video aus Chicago ging am Dienstag viral und sorgte weltweit für Empörung. Darin ist zu sehen, wie ein Fluggast der United Airlines gewaltsam aus dem Sessel des Flugzeuges gezerrt und von Sicherheitskräften vor dem Start hinausgeworfen wird. Der betroffene Passagier hatte eigentlich nichts falsch gemacht, denn er besaß ein gültiges Ticket. Der Flug ist schlicht überbucht gewesen. Doch welche Rechte hat ein Fluggast in so einem Fall?
Nein, es waren keine schönen Szenen, die sich am Sonntag auf dem Flughafen in Chicago abspielten. Amateuraufnahmen zeigen, wie Sicherheitskräfte einen schreienden Fluggast rabiat packen und aus dem Flugzeug zerren. Der Mann hatte sich nicht etwa unbefugt Zutritt zu dem Flugzeug verschafft, sondern besaß ein reguläres Ticket. Der Flug war schlichtweg überbucht. Das heißt, die Fluglinie hat mehr Tickets verkauft, als Menschen eigentlich hätten mitfliegen dürfen. Das Los sollte entscheiden wer gehen muss, nachdem kein Passagier freiwillig das Flugzeug verlassen hatte. Der Mann wurde ausgewählt – und wehrte sich.
Die Fluglinie hat sich mittlerweile für ihr Verhalten entschuldigt. Und doch: Situationen wie diese sind nicht unwahrscheinlich, wenn sie freilich sonst friedlich geklärt werden. Denn alle Fluggesellschaften überbuchen ihre Flüge. Damit wollen sie vermeiden, dass die Flugzeuge zu leer starten und somit finanzielle Verluste entstehen. Nach Angaben der Lufthansa treten pro Jahr drei Millionen Gäste ihren Flug nicht an, obwohl sie ein Ticket gebucht haben. Speziell Geschäftsleute halten sich durch Mehrfachbuchungen mehrere Optionen offen. In der Regel sei ein Flugzeug zu zehn Prozent überbucht, berichtet Spiegel Online. Die Grundlage: reine Erfahrungswerte.
Passagiere sind bei Überbuchungen nicht rechtlos
Normalerweise geht auch alles gut. Was aber, wenn doch einmal ein Passagier nicht mitfliegen kann? In dieser Situation sind Verbraucher keineswegs ohne Rechte. In der Europäischen Union regelt die EU-Fluggastrechteverordnung, worauf ein Passagier Anrecht hat, wenn das Flugzeug bereits zu voll ist und er dennoch ein Ticket besitzt.
Zwar können Fluggesellschaften einen Kunden auch gegen dessen Willen abweisen: Dies gilt sowohl in den USA als auch der EU. Wenn sich niemand freiwillig findet, der auf einen späteren Flug umsteigen will, zählt der Zeitpunkt des Eincheckens, wer mitdarf und wer nicht. Aber dann muss die Airline Ersatz leisten. Schließlich ist ein Beförderungsvertrag zwischen Fluggesellschaft und Passagier zustande gekommen, wenn der Gast sein Ticket gebucht und bezahlt hat. Generell können Verbraucher wählen, ob sie sich von der Fluggesellschaft den Reisepreis erstatten lassen oder einen Ersatzflug gestellt bekommen.
Auch eine Entschädigung steht den Passagieren zu. Diese Ersatzzahlung ist laut EU-Verordnung abhängig von der Distanz und beträgt 250, 400 oder 600 Euro. Außerdem muss die Fluglinie bei Bedarf eine Hotelübernachtung sowie Essen und Trinken bezahlen. Allerdings kann der Anspruch des Reisenden auf Beförderung auch durch eine Ersatzbeförderung erfüllt werden. Und das bedeutet bei kürzen Flugstrecken: im Zweifel auch per Bus oder Bahn, selbst wenn dies mehr Zeit und Nerven kostet.
Rechtlos sind die Kunden von Flugreisen also nicht, wenn das Flugzeug überbucht und bereit zu voll ist. Eine Rechtsschutzversicherung kann helfen die Ansprüche durchzusetzen. Denn mitunter landen solche Fälle vor Gericht – und müssen schlimmstenfalls über mehrere Instanzen durchgefochten werden.