Der Begriff „Run-off“ ist derzeit gelegentlich in den Medien zu lesen. Denn einige deutsche Lebensversicherer denken darüber nach, bei klassischen Lebensversicherungs-Tarifen das Neugeschäft einzustellen oder die Verträge gar an externe Investoren zu verkaufen. Wer als Vorsorgesparer davon betroffen ist, sollte seinen Vertrag besser nicht einfach kündigen. Denn oft handelt es sich um hochverzinste Altverträge, die einen überdurchschnittlichen Garantiezins bieten.
Run-off bedeutet im Versicherungssprech, dass ein Bestand an Verträgen in die Abwicklung gegeben wird. Das bedeutet, der Versicherer stellt das Neugeschäft mit diesen Tarifen ein und wickelt den Vertragsbestand ganz oder in Teilen ab. Zugleich ist die Gesellschaft aber verpflichtet, alle Zusagen und Garantien an ihre Kunden weiter zu bedienen. Das heißt, dem Kunden dürfen dadurch keine Nachteile entstehen – darüber wacht unter anderem die Versicherungsaufsichtsbehörde BaFin. Auch die Politik hat strenge Regeln für eine Abwicklung angekündigt.
Niedrigzins-Politik belastet klassisches LV-Geschäft
Warum aber machen dies die Versicherer? Im Grunde müssen sie die Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) ausbaden. Zum einen fällt es den Versicherern nämlich zunehmend schwer, im Niedrigzins-Umfeld an den Kapitalmärkten die hohen Garantien zu erwirtschaften, die sie ihren Kunden zugesagt haben. Hier wurden die Garantiezusagen bei klassischen Verträgen in den letzten Jahren nach unten korrigiert. Wenn sie die Altverträge nun abwickeln, können sie unter anderem Verwaltungskosten einsparen.
Das wachsende Run-off-Geschäft hat auch damit zu tun, dass die Lebensversicherer bei „klassischen“ Policen vom Gesetzgeber gezwungen werden, große Teile der Kundenbeiträge in Staatsanleihen und andere festverzinsliche Papiere zu stecken. Diese werfen immer weniger Rendite ab, weshalb die Lebensversicherer dazu übergegangen sind, vermehrt Fondsprodukte anzubieten. Hier können sie das Geld freier und breiter investieren, die Renditechancen sind höher.
Zudem müssen die Lebensversicherer die klassischen Verträge mit zusätzlichen Rücklagen unterfüttern, der sogenannten Zinszusatzreserve. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. Denn diese Rücklage sorgt in Verbindung mit anderen strengen Eigenkapital-Anforderungen dafür, dass die Lebensversicherer auch langfristig ihre Zusagen an die Kunden einhalten können. Auch müssen die Versicherer in sogenannten Solvency II-Berichten nachweisen, dass sie für die Zukunft gut aufgestellt sind: unter anderem, indem sie anhand der eigenen Kennzahlen verschiedene Krisenszenarien durchrechnen, etwa eine neue Finanzkrise.
Nicht einfach kündigen!
Diesbezüglich sind fast alle deutschen Lebensversicherer sehr solide positioniert. Und das ist ein wichtiger Grund, weshalb Verbraucher einen Lebensversicherungs-Altvertrag nicht einfach abstoßen sollten, wenn sie von einem Run-off betroffen sind. In der Regel handelt es sich um hochverzinste Policen, die den Sparern einen überdurchschnittlichen Garantiezins bieten. Zum anderen bedeutet eine Lebensversicherung ja auch einen Risikoschutz – und dieser würde bei einer Kündigung wegfallen.
In vielen Fällen lohnt es sich deshalb, den Vertrag weiter zu behalten, denn die Verträge sind attraktiv. Wie gesagt: Der Versicherer ist vertraglich verpflichtet, alle Zusagen an seine Kunden einzuhalten: und das gilt auch für den neuen Anbieter, wenn tatsächlich Bestände verkauft werden sollten. Hier hilft im Zweifel ein Beratungsgespräch, offene Fragen zu klären. Viele Versicherer haben auch bereits ihren Kunden garantiert, dass sie Altbestände nicht verkaufen werden: ein gutes Signal für die Verbraucher.
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17.11.2017