Altersvorsorge: Mit diesen Vorschlägen wollen Experten die private Zusatzvorsorge stärken
Die Deutschen brauchen zusätzliche Altersvorsorge. Damit private Zusatzvorsorge attraktiver wird, sollte eine Fokusgruppe Empfehlungen erarbeiten. Nun liegen Ergebnisse vor.
Seit Ende letzten Jahres tagte die ‚Fokusgruppe Altersvorsorge‘ unter dem Vorsitz des Bundesfinanzministeriums. Anfang dieser Woche wurden die Empfehlungen vorgestellt. Die wichtigsten Punkte sind im Folgenden zusammengefasst:
- Die „klassische“ Riester-Rente soll weiterhin angeboten werden, aber einen neuen Namen erhalten. Denn sie hat ein Imageproblem. Zwar sind über 16 Millionen Verträge abgeschlossen, doch seit Jahren stagniert das Neugeschäft und die Zahl der Verträge war zuletzt sogar rückläufig. Rund ein Fünftel sind nach Schätzungen des Bundesarbeitsministeriums ruhend gestellt, werden also nicht mehr bespart und mit Beiträgen bedient. Das liegt auch daran, dass Riester wiederholt kritisiert wird und wurde: aufgrund angeblich hoher und intransparenter Kosten, intransparenter Produkte und einem bürokratischen Förder-Prozedere.
- Die Riester-Förderung steht grundsätzlich nicht zur Debatte: Soll aber vereinfacht werden. Eine Idee hierbei ist es, die Höhe der Förderung nicht mehr vom Einkommen abhängig zu machen, sondern vom gezahlten Beitrag. Denn die volle Förderung erhält aktuell nur, wer mindestens vier Prozent seines Vorjahreseinkommens als Mindesteigenbeitrag entrichtet. Viele Sparer seien überfordert, hier die Beiträge anzupassen. Der Fokusgruppe ist bewusst, dass bei diesem Vorschlag ein Gerechtigkeitsproblem droht: Menschen mit hohen Einkommen, die viel Geld in die Riester-Rente stecken können, werden dann stärker mit Steuergeldern gefördert als Geringverdienende. Hier sollen Matching-Zonen helfen, dass Geringverdiener eine anteilig höhere Förderung erhalten als Gutverdiener. Auch Kulanzregeln könnten unterstützend wirken: So solle etwa die volle Zulage ausgezahlt werden, wenn der Kürzungsbetrag weniger als 25 Euro betragen würde. Die Kinderzulage solle für Eltern voll gewährt werden, unabhängig vom gezahlten Beitrag, um Familien besser zu fördern.
- In der Ansparphase soll den Versicherern und Altersvorsorge-Anbietern erlaubt sein, mehr Risiko zu gehen, um höhere Renditen erzielen zu können. Und das bedeutet auch: Ihnen soll erlaubt werden, weniger Garantien anbieten zu müssen. Hier sollen Sparerinnen und Sparer ihr Risiko wählen können: empfohlen werden nach Risiko gestaffelte Produkte, bei denen zum Beispiel 60 Prozent oder 80 Prozent der eingezahlten Beiträge garantiert sind. Bedeutet im Umkehrschluss auch, dass die Sparenden nicht einmal die eingezahlten Beiträge sicher haben.
- Mehr Freiheit sollen die Anbieter auch in der Rentenphase erhalten. Statt gleichmäßiger monatlicher Zahlungen soll ihnen künftig erlaubt sein, zu Beginn der Rentenphase höhere Beträge auszuzahlen – und diese mit fortschreitender Dauer der Rente zu reduzieren. Nicht thematisiert wird im Bericht, dass damit auch der Versicherungs-Charakter der Verträge auf dem Spiel steht: nämlich, dass sich die Sparenden auf eine gleichbleibend hohe Rente bis zu ihrem Tod verlassen können. Die Absicherung des Langlebigkeits-Risikos ist ein von Branchenvertretern oft gebrachtes Argument für die Riester-Rente. Die Expertengruppe schlägt sogar vor, auf die Pflicht zur Zahlung einer lebenslangen Rente komplett zu verzichten.
- Kostentransparenz soll ein Online-Vergleichsportal bringen, bei dem die Kundinnen und Kunden sowohl Abschluss- als auch Verwaltungskosten vergleichen können. Vergleichbarkeit und Transparenz der Kosten soll durch die verbindliche Angabe der Renditeminderung durch Kosten gewährleistet werden. Die Arbeitsgruppe will folglich am Prinzip der Effektivkosten festhalten, wonach Anbieter ausweisen müssen, wie stark die Kosten die Rendite mindern. Hier hatten Verbraucherschützer wiederholt moniert, dass dieses Prinzip für Laien schwer verständlich sei.
- Die Expertengruppe schlägt zudem vor, den Wechsel zwischen den Anbietern sowohl in der Anspar- als auch Rentenphase zu erleichtern. Das soll den Wettbewerb stärken. Ferner könnte auf Abschlusskosten beim Wechsel von Altersvorsorgeprodukten und Anbietern verzichtet werden. Ob dies verpflichtend angedacht ist, sodass die Vorsorgeanbieter keine neuen Abschlussgebühren bei einem Wechsel des Produktes erheben dürfen, oder ob das eine freiwillige Option ist, lässt der Abschlussbericht offen.
Neben dem Ausbau und Weiterentwicklung bestehender Möglichkeiten, schlägt die Fokusgruppe auch neue Formen der Förderung vor. So soll es künftig möglich sein, staatlich gefördert in Fonds und ETFs zu investieren. Bedingung für die Förderung soll sein, dass die Sparenden ihr Depot bis zum Renteneintritt halten. „Grundsätzlich ist daher zukünftig auch ein förderfähiges privates Altersvorsorgedepot mit einer starken Aktienorientierung ohne Garantievorgaben sinnvoll“, empfiehlt die Expertengruppe im Bericht. Auch dieses Depot sollen ausschließlich private Vorsorgeanbieter bereitstellen dürfen.